Die Kunst eine Pflanze zu einem Bonsai zu gestalten, kam über Japan nach Europa und Deutschland.
So fand auch manch buddhistische Ansicht und Gewohnheit Einfluß in die Gestaltung oder Betrachtungsweise eines Bonsai.
Wabi und Sabi sind zwei Begriffe aus dem japanischen die ohne Wissen und Verständnis über den Buddhismus nur sehr schwer in einem oder wenigen Worten übersetzt werden kann.
Manche Autoren, außerhalb von Japan, benutzen auch das Doppelwort Wabi-Sabi, da beide Worte eine ähnliche Bedeutung haben.
In Japan werden allerdings beide Wörter differenziert und dennoch wird man von vielen Japanern abweichende Erläuterungen für Wabi und Sabi erhalten. Francois Jeker ist ein bekannter Bonsaigestalter aus Frankreich. Er studiert die japanische Kultur bereits seit mehreren Jahrzehnten. Sein Versuch Wabi und Sabi wiederzugeben dürfte die beiden Worte am nächsten kommen.
Sabi nach Francois Jeker:
Während wir in unserem Kulturkreis einen regelrechten Putzfimmel haben, muß alles schöne auch sauber und picobello aussehen. Im japanischen wäre es eine Todsünde wenn man Alterspatina entfernen würde! Alterspatina wird dort bei bestimmten Gegenständen und Orten als wertvoll angesehen.
Alterspatina zeigt den flüchtigen Charakter aller Dinge und gibt ihnen Weichheit und Gelassenheit und beschwört jedoch das Gefühl der Melancholie und der Einsamkeit herauf.
Wabi nach Francois Jeker:
In diesem japanischen Begriff sind zwei Gedanken beinhaltet.
Bei einem Bonsai kann eine alte historische Bonsaischale Sabi haben. Es kann aber auch eine jüngere Bonsaischale sein, die mit Alterspatina getöpfert oder gepflegt wurde! Dies ist übrigens auch der Grund warum manche Bonsaitöpfer ihre Bonsaischalen im Freien lagern! Dort bekommen sie bei Wind und Wetter schneller eine Alterspatina!
Es könnte auch ein Moospolster sein oder ein Aststummel eines abgebrochenen Astes?
Wabi ist zum einen, daß ein künstlerisches Werk mit geringsten Mitteln dargestellt wird.
Wabi ist zudem, daß diese Kunstwerk einen suggestive Charakter hat.
Oft sind dies Details die man erst auf den zweiten Blick erkennt oder an Hand anderer Details assoziert.
Die Kunst liegt im weglassen und daß der Betrachter das fehlende dennoch erahnen und erspüren kann.
Wabi und Sabi in der Bonsaigestaltung?
Die beiden Begriffe sind stark im buddhistischen Weltbild verwurzelt und für die meisten Menschen in unserem Kulturkreis nur schwer verständlich.
Dennoch geben die Beschreibungen von Francois Jeker einen stark vereinfachten Einblick in diese Betrachtungsweise. So ist es auch nicht verwunderlich, daß manche westlichen Bonsaigestalter solche Gedanken in ihre Bonsaigstaltungen einfließen lassen.
Ob es nun eine historische Bonsaischale ist. Oder ein Töpfer der seine Bonsaischalen alt aussehen läßt. Alt im Sinne von Alterspatina. Oder der Bonsaigestalter der die Substratoberfläche mit Moos und anderen Bodendeckern bepflanzt. Als auch der Bonsaigestalter der durch Totholzarbeiten den Bonsai als gezeichneten Baum darstellt, welcher eine tragische Geschichte zu erzählen hat und harten Widrigkeiten getrotzt und überlebt hat.
Beispiele für Sabi und Wabi
Ist dieses Arrangement mit Akzentpflanzen auch Sabi? Ich meine ja. Das alte verwitterte Holzbrett hat durch seine Alterspatina Sabi und Durch die Absplitterungen könnte man als Wabi auch eine Geschichte assozieren. Aber auch die skurrile Kusamonoschale mit ihren verschiedenen Farbtönungen hat ein schönes Sabi. Die zerdrückte Form könnte als Wabi von einem erloschenen Vulkangstein erzählen. Die Pflanzen könnten die ersten Lebewesen in der unwirtlichen Vulkanregion sein?
Aber auch in unserem Alltag können wir Sabi und Wabi begegnen. So auch bei dem nächsten Foto. Eine Nahaufnahme einer Holzlatte einer Holzbank. Das Holz ist von der Sonne gebleicht und die Maserung wurde durch Wind und Wetter sehr schön heraus gearbeitet. Die Nägel habe durch die wechselhafte Witterung Rost angesetzt. Sabi und Wabi.
Noch ein Fotomotiv das Sabi und Wabi widergibt. Dachziegel eines Hauses am Gardasee. Wären es gleichfarbige Dachziegel wäre es als Fotomotiv langweilig. Durch die unterschiedlichen Farbtönungen wird das Dach als Motiv erst interessant.
Auf dem nächsten Foto sieht man einen Wurzelansatz eines Bonsai mit Sabi und Wabi. An Hand der Borke erkennt man das es sich um einen älteren Baum handelt. Aber auch das Moospolster wirkt harmonisch und unterstreicht Reife und Alter. Eine glatte und einfarbige Bonsaischale wäre hier fehl am Platz und würde auch den Gesamteindruck eines alten reifen Bonsai brechen. Deswegen hat der Bonsaigestalter geschickt eine alt wirkende Bonsaischale mit ungleichmäßigen Farbsprenkelungen in der Glasur gewählt. Der Wurzelansatz, die Substratoberfläche und die Bonsaischale sind Sabi und Wabi.
Ich denke mit diesem Wissen über diese beiden japanische Begriffe kann man auch die manchmal seltsam anmutenden Preisauszeichnungen für manche Bonsai in Japan besser nachvollziehen? Dort spielen oft solche Faktoren auch eine Rolle. Manche Bonsai erhielten auch schon Ehrungen, auf Grund ihrer langjährigen Geschichte, obwohl sie aktuell in einem weniger ästhetischen Zustand waren. Aber auch in der westlichen Welt finden solche Überlegungen Einfluß in die Gestaltung eines Bonsai. Schließlich wollen alle Bonsaigestalter auf der Welt einen Ausschnitt der realen Natur wieder geben.