Da ihr meine Überlegungen, meine Hainbuche zur Halbkaskade zu gestalten bestärkt habt, habe ich nun weitere Gestaltungsmassnahmen ausgeführt …?
Nach der Frühjahrsdrahtung, habe ich die beiden unteren Äste nach unten gezogen.
Der Stamm wird etwas in diese Richtung geneigt.
So kommen die Äste fast in Bodenhöhe an.
Danach habe ich die Hainbuche erst einmal wachsen lassen. Vor den nächsten Gestaltungschritten sah sie so aus:
Nach zögerlichem Frühjahrsaustrieb hat der Baum dank kräftiger Düngung nun hervorragend ausgetrieben.
Auf diesem Foto habe ich die beiden geplanten Gestaltungsschritte skizziert.
An der roten Linie wird der Stamm abgesägt.
Die grüne Linie sollte für beide Äste eine gerade Linie ergeben. Deswegen soll der obere Astansatz nach oben gebracht werden, damit er eine Linie mit dem unteren Astverlauf ergibt.
Da man per Hand das Sägen besser dosieren kann, habe ich den Stamm mit einer Handsäge abgesägt.
Danach sah die Hainbuche wie folgt aus:
Nun muß nur noch der obere Ast in die richtige Linie gebracht werden. Da Hainbuchenäste bereits nach zwei bis drei Jahren sehr hart und nur noch schwer in der Richtung veränderbar sind, hat sich diese Massnahme als schwerer herausgestellt als ich dachte.
Dabei mußte ich ordentlich improvisieren. In der Fachliteratur wird zwar hin und wieder darüber geschrieben, wie man Äste nach unten biegen kann. Ein V-förmiger Einschnitt unten und solange biegen bis beide Schnittstellen aufeinander sitzen.
Hier möchte ich aber nach oben biegen. Also habe ich oben im Astansatz V-förmig eingesägt, da ein Messer kaum in das harte Holz der Hainbuche eindringt. Danach habe ich vorsichtig nach oben gebogen. Das Ergebnis war fast keine Richtungsänderung.
Was tun? Der Ast ist zu alt und hart.
Ich habe den Ast auch noch unten eingesägt. Allerdings nicht V-förmig, sondern nur einfach schräg nach oben. Ich brauchte mehrere Sägeversuche bis sich der Ast etwas bewegen ließ. Danach habe ich ihn mit Draht am Stamm in die gewünschte Richtung und Stellung gebracht. Die Schnittstellen habe ich mit japanischer Wundpaste behandelt. Keine schöne Arbeit, aber der Ast ist in der gewünschten Stellung und die Wunden werden mit der Zeit überwallen. Ob sie dabei schön aussehen werden oder lange zum überwallen brauchen weiß ich nicht. Habe so etwas noch nie gemacht.
Hier noch ein Bild von oben auf die Drahtung, welche den Ast nach oben spannt und in den gewünschten Winkel bringt.
Nun sieht die Hainbuche wie folgt aus:
Im oberen Bereich habe ich noch etwas das Laub reduziert und unten die langen Äste gekürzt.
Nun darf die Hainbuche wieder wachsen, damit die Wunden am Ast möglichst schnell verheilen.
Die große Schnittwunde lasse ich erst einmal wie sie ist. Da kommt auch nichts drauf.
Angedacht ist hier eine Totholzbearbeitung. Aber diese werde ich frühestens im nächsten Jahr vornehmen. Vielleicht entwickelt sich ja aus der Schnittstelle eine neue Gestaltungsmöglichkeit?
Ich finde, der Baum hat durch die Umgestaltung echt an Ausdrucksstärke gewonnen!
Aber welchen Sinn hat der obere Ast?
M.E. stört der nur den Gesamteindruck?
LG,
Luise
Bist du sicher,dass Totholz zu einer Hainbuche passt?Ansonsten eine gute Idee mit der Halbkaskade!
Die neue Spitze würde ich nicht am Hauptstamm links erschaffen, sondern an dem nach unten wachsenden, neuen Hauptast, von der ersten Verzweigung ausgehend nach oben, fast parallel zum Stamm. Dieser neue Hauptast wird sowieso länger werden müssen, und dann kannst Du einen Ast der Gabelung benutzen, um dort eine neue Spitze zu kreieren. So würde es der Baum bei einem Blitzschlag oder Schneebruch machen. Er würde an verschiedenen Stellen erstmal so lange nach oben wachsen, bis sich eine neue, dominante Spitze bildet. In diesem Fall wäre dies bei gesundem linken Ast wahrscheinlich dieser. Er arbeitet der Gestaltung von der Gewichtsverteilung aber zu sehr gegen. Dieser eingeschnittene Ast hat, wie es von hier aussieht, kaum noch Saftbahnen, die ihn genügend versorgen könnten.
@ Luise
Ja, an Ausdruck hat er gewonnen. Weniger ist halt manchmal mehr.
@ Kleinbonsai
Warum soll Totholz an einer Hainbuche nicht passen? Nur weil dies viele Bonsaigestalter nicht machen? Oder weil dies in japanischen Gestaltungsregeln meist nur den Nadelbäumen vorbehalten ist?
Totholz gibt es in der Natur auch an Laubbäumen. Sicherlich ist es schwerer zu konservieren, da die meisten Laubbäume relativ weiches und faserarmes und kaum oder kein Harz haben. Ob was daraus wird weiß ich heute ja auch noch nicht. Einen Versuch werde ich dennoch machen. Eigentlich fand ich vor ein paar Monaten den Baum so häßlich, daß ich ihn am liebsten kompositert oder verschenckt hätte. Inzwischen meine ich aber seine Qualitäten entdeckt zu haben und versuche eine individuellen Bonsai daraus zu machen. Totholz an einer Hainbuche zeigt übrigens auch Graham Potter aus England in diesem Video: http://www.youtube.com/watch?v=5jOekUucOKM&feature=plcp
Allerdings werde ich es an meiner nicht so extrem praktizieren 😉
@ Andrè
Ich fürchte du und die anderen haben mit dem linken Ast recht. Mir kam auch schon beim betrachten der Fotos, daß dies so nicht so gut aussieht. Aber abnehmen geht ja immer 😉
Das mit dem Hochwachsen lassen mehrere Äste verstehe ich zwar, kann ich mir aber noch nicht so richtig vorstellen. Da ich im Herbst in den Bergen im Urlaub sein werde, dürfte ich dort sicherlich auch den ein oder anderen Baum als Anschauungsobjekt sehen?
Jetzt darf er sowieso erst einmal wachsen. Und im Winter, wenn er unbelaubt ist, wird er noch einmal rundum fotografiert und dann kann ich mir an den dunklen und kalten Winternächten Gedanken über die weitere Gestaltung machen.
Mal ganz dumm gedacht, warum konservierst du den Totholzbereich nicht einfach mit Epoxidharz. Das Zeug ist Wetterbeständig und sollte der Pflanze, so lange du nur den Totholzbereich behandelst, nicht schaden. Du müsstest halt schon vorher mit anderen Mitteln das Holz optisch altern lassen. Danach solltest du allerdings ein ziemlich gutes Ergebnis erhalten.
@ Vincent
lese mich gerade in Fachliteratur zum Thema Totholz ein. Mal sehen was darin steht. Wenn ich das Buch durch habe, werde ich es auch hier im Blog vorstellen.
Bisher ist mir bekannt, daß Graham Potter in England und Walter Pall je ein Mittel zum desinfizieren und konservieren vertreiben. Diese sind speziell für Laubbäume vorgesehen. Jinmittel ginge auch, bleicht aber das Holz in grelles grauweiß aus, was für meinen Geschmack bei Laubbäumen weniger realisitisch aussieht.
Schauen wir mal was ich da noch Infos erhalte. Wäre sicherlich auch den ein oder anderen Artikel wert 😉
@ Andrè
die Saftbahnen scheinen am linken oberen Ast noch ausreichend zu funktionieren. Zumindeste wächst der junge Austrieb weiter nach oben.
Aber mal sehen wie sich der gesamte Baum in diesem Sommer noch entwickelt.
Er hat ja noch „Energie im Ast“, die nicht vom Stamm kommen muss, dies könnte den Austrieb erklären. Ähnlich einer Blume, die gepflückt, aber noch nicht entfaltet ist- in der Vase blüht sie später auch noch. Ich hatte mal aus versehen einen Ficus gebrochen, der hat noch ne Woche ausgetrieben, dan war Schluß. Überlege Dir einfach, ob Du den Ast auf lange Sicht behalten willst. Der Baum steckt, falls er bleibt, dort jetzt die meiste Energie rein, da er oben liegt. Eigentlich wolltest Du doch eine Kaskade machen :)Dann brauchst du die Wuchskraft rechts.
Über das Totholz habe ich nochmal nachgedacht.Hier ein paar Gründe,warum Totholz meiner Meinung nicht besonders gut zu einer Hainbuche,bzw.einem Laubbaum passen:
-ästetisch passen große Jins einfach nicht zu dem Grünen,saftigen Laub
-auch mit der glatten,grauen Rinde könnten ästetische Probleme entstehen
-Verfärbt sich Laubbaumholz anderst wie Nadelbaumholz?
-WARUM wird so wenig Totholz für Laubbäume angewand?
-kann man Laubbaumholz genauso wie N.baumholz konservieren?
-muss man aus dem zurückgebliebenen Stumpf deiner Hainbuche zwangsläufig ein Jin machen?Gibt es noch eine andere Möglichkeit?(außer abschneiden)
@ Kleinbonsai
ich finde es toll, daß du dir über meine Hainbuche so viele Gedanken machst!
Bei Laubbäumen wird selten Totholz gestaltet, da sie weicheres Holz haben, welches schneller verfaulen kann. Nadelbäume haben faserigeres Holz, das meist auch noch Harz, der auch konserviert, beinhaltet.
Da es wenige Laubbäume als Bonsai mit Totholz gibt empfinden es viele Betrachter als ungewöhnlich. Dabei ist dies in der Natur genauso üblich. Bei meinen Arbeitgeber stehen vor dem Gebäude einige Spitzahornbäume. Fast die Hälfte haben Totholz am Stamm. Durch automatisches Gießen im Sommer ist in jungen Jahren die Rinde aufgeplatzt und hat ordentlich das Holz darunter freigesetzt. Die Bäume überwallen aber Jahr für Jahr die Wunden immer weiter. Viele alte Eichen haben auch Totholzbereiche. Blitzschlag formt ebenfalls Totholzbereiche in einen Baum. Dem Blitz ist es egal ob der Baum ein Laubbaum oder Nadelbaum ist.
Wie gesagt werde ich mir erst nach dem Herbst weitere Gedanken über die Fortsetzung der Gestaltung machen. Erst wenn der Baum ohne Laub ist, kann ich mögliche Gestaltungen über den Winter mir besser vorstellen oder am PC per Virtual vorher ausprobieren.
Denkbar wäre auch ein schräger Schnitt über dem unteren Ast schräg nach unten. Dadurch wird allerdings die Schnittwunde größer und ein Überwallen würde einige Jahre dauern.
Ich werde mir im Sommer und Herbst Laubbäume mit Totholz genauer anschauen um daraus für eine eventuelle Gestaltung möglichst viel ableiten zu können.
Ich hab noch einige Vorschläge:
-Da du ja nicht zwangsläufig einen herkömmlichen Jin machen musst,könntest du den Stumpf aufreißen(wie eine Bananenschale),die Rinde aber dran lassen.Das würde auch ein bisschen an ein Blitzeinschlag erinnern.
-Oder du bearbeitest den Stumpf garnicht.Entweder erscheinen neue Triebe und die Schnittstelle wird von der Rinde Überwallt,oder der Stumpf stirbt ab und wird ganz Bröckelig und zerfällt irgendwann
-du könntest etwas aus dem Stumpf schnitzen
-Vielleicht könntest du den Stumpf aushölen
-oder du machst kein herkömmlichen Jin,sondern etwas rundes,gleichmäßiges
Macht Spass, alle Vorschläge durchzulesen, mal gucken wie es wird.
Nur wäre es vielleicht besser, diesen Herbst nichts zu machen, der Baum ist gebeutelt genug. Schau ihn dir ohne Laub an, plane erstmal und mache die Gestaltungsversuche dann nach dem ersten Austrieb nächstes Jahr oder jenen Herbst. Ich glaube, das ist besser?
@ Andrè
nichts anderes hatte ich vor 😉
na dann 🙂
Tolle Arbeit! Ich habe mich noch nicht getraut, so was zu machen, d.h. sägen und Stammen biegen… Habe einfach Angst, dass irgendwas schiefläuft und dann verliere ich den Baum.
@ Siri
die Angst hatte ich auch.
Wenn auch kurzfristig der Baum so gar nicht nach Bonsai aussieht, kann danach eine neue Gestaltung aufgebaut werden. Dauert halt seine Zeit.